"Wir haben geschichte geschrieben"
Schon von weitem hallte der Applaus der Menge an diesem Wochenende durch die Bonner Altstadt. Jubel und Anfeuerungsrufe tönten aus dem Publikum, Bälle flogen und Banden krachten: Am 30. Oktober fand der fünfte und somit letzte Spieltag der Amputierten-Fußball Bundesliga statt. Am Ende stand Anpfiff Hoffenheim mit 20 Punkten als erster Deutscher Meister fest.
Nach Trier und Vordorf war dieses Mal Deutschlands ehemalige Hauptstadt Austragungsstätte des besonderen Ereignisses. Es hätte wohl kaum einen besseren Ort für das Saisonfinale geben können: Mitten im Herzen Bonns wurde auf dem Münsterplatz ein Fußballfeld inklusive Tribünen und Sprecherkabine aufgebaut – und zog so, trotz durchwachsenen Wetters, tausende Zuschauerinnen und Zuschauer an. Bereits um 10:30 Uhr traf Anpfiff Hoffenheim auf Fortuna Düsseldorf. Nach einer langen Zitterpartie konnten die Hoffenheimer das Spiel in der letzten Minute mit 3:2 gewinnen.
Spannende Spiele beeindrucken Bonner Publikum
Die Anspannung war auch im Publikum zu spüren, das ordentlich anfeuerte und bei jedem Torschuss den Atem anhielt. Durch die zentrale Lage waren in der Menge auch einige Amputiertensport-Neulinge, die spontan zuschauten: „Ich bin zufällig vorbeigekommen und total beeindruckt!“, meinte etwa Tim Wolf. Er kommt aus Bonn und wollte eigentlich nur kurz etwas in der Innenstadt besorgen. Angesichts des spannenden Spiels blieb er nun aber bis mittags und verfolgte das Event von der Tribüne aus. Nach der ersten Partie folgte etwas später am Mittag gleich das zweite Spiel. Düsseldorf traf auf die Spielgemeinschaft Nord-Ost: Nach einem relativ ausgeglichenen aber dennoch hitzigen Spiel trennten sich die beiden mit 1:1 und besiegelten so das letzte Match der Bundesligasaison 2021 und gleichzeitig den finalen Ergebnisstand.
Ein Blick auf die Tabelle verkündete schließlich: Die SG landet mit 10 Punkten auf dem dritten Platz. Ganz knapp liegen die Düsseldorfer mit insgesamt 11 Punkten vor ihnen. Durch einen herausragenden Punktevorsprung von 9 Punkten war zwar schon vor dem Spieltag klar, dass Anpfiff Hoffenheim nicht mehr eingeholt werden konnte. Das tat der Freude der blau-weißen jedoch keinen Abbruch, als sie mit fantastischen 20 Punkten zum Sieger der ersten Bundesligasaison im Amputierten-Fußball gekrönt wurden und am Abend die Meisterschale überreicht bekamen: „Was für eine tolle Runde – Ich bin überglücklich! Wir haben Geschichte geschrieben.“, jubelt Anpfiff-Spieler Egon Michel.
Premierensaison ein voller Erfolg
Auch der Hoffenheimer und Mitinitiator der Liga, Christian Heintz, bilanziert nicht nur den Tag, sondern die insgesamt fünf Spieltage durchweg positiv: „Besonders freut mich, dass wir durch die Austragungsorte so viele Leute erreichen konnten und dementsprechend viel Aufmerksamkeit für unsere Sportart bekommen haben. Trotz Corona haben wir dieses Jahr einen riesigen Schritt gemacht.“ Auch persönlich kann er einen großen Erfolg verzeichnen: Mit 11 Toren wurde er, zusammen mit dem Düsseldorfer Jonas Lappe, Torschützenkönig der Saison.
Den Start des offiziellen und bundesweiten Spielbetriebs initiierte Anpfiff ins Leben mit der Unterstützung der DFB-Stiftung Sepp Herberger. „Die Bundesligasaison war genau der Erfolg, den wir uns erhofft hatten“, resümierte Dietmar Pfähler, 1. Vorsitzender von Anpfiff ins Leben. „Unser Ziel war es, mehrere Anlaufpunkte für Menschen zu schaffen, die trotz einer Amputation Fußball spielen möchten. Und auf diese Vereine lenkt man die Aufmerksamkeit am besten mit einem nationalen Wettbewerb.“ Die erste Runde war ein Meilenstein für die Zukunft. Aber es soll erst der Anfang sein. Für die bevorstehende Zeit will Heintz weiterhin Vollgas geben: „Wir wollen immer weiterwachsen und mehr Teams integrieren. Natürlich wird das nicht jetzt auf gleich gehen. Aber ich freue mich auf alles, was kommt!“, zuerst einmal zelebriert und genießt er nun jedoch ausgiebig die gewonnene Meisterschaft.
